Innovationen im Betriebsdienst: Interview mit Dr. Andy Apfelstädt

Der Straßenbetriebsdienst steht vor spannenden Herausforderungen und Innovationen. Im Interview erklärt Dr.-Ing. Andy Apfelstädt, Abteilungsleiter Betrieb, wie sich der Betriebsdienst in den letzten Jahrzehnten verändert hat und was die Zukunft bereithält.


Herr Apfelstädt, wie sind Sie zur Autobahn gekommen und Abteilungsleiter Betrieb geworden?

Andy Apfelstädt: Bereits vor meiner Zeit bei der Autobahn GmbH habe ich in leitender Funktion bei einem privaten Anbieter von Straßenbetriebsdienstleistungen daran gearbeitet, Prozesse zukunftssicher weiterzuentwickeln und Harmonisierungsthemen voranzutreiben. Als sich die Chance ergab, eine der größten Verwaltungsreformen seit der Wiedervereinigung mitgestalten zu können, war ich selbstverständlich begeistert und nahm das Angebot, bereits in der Aufbauphase 2020 in der Zentrale der Autobahn GmbH verantwortlich tätig zu werden, gern an. Seither arbeite ich gemeinsam mit meinen Teams gezielt daran, die klar formulierten Reformziele im Betriebsdienst der Autobahn GmbH umzusetzen.

Der Straßenbetriebsdienst gehört zu den Kernaufgaben der Autobahn GmbH. Wie hat sich die Arbeit in den vergangenen 50 Jahren verändert?

Apfelstädt: In den vergangenen 50 Jahren hat das Verkehrsaufkommen in vielen Regionen teils massiv zugenommen. Das bedeutet höhere Anforderungen sowohl an die Infrastruktur selbst, aber auch an die Leistungsfähigkeit und Sicherheit des Autobahnbetriebs. Darüber hinaus erfordern veränderte Wetterbedingungen, wie immer öfter auftretende Frost-Tau-Wechsel-Situationen im Winter, flexiblere Einsatzstrategien. Auch die sich verändernde Vegetation, hier insbesondere die Ausbreitung sogenannter invasiver Arten, beeinflusst einzelne Leistungspositionen des Betriebsdienstes und verlangt eine kontinuierliche Weiterentwicklung unserer Strategien.

Andererseits hat sich der Straßenbetriebsdienst aber auch deutlich modernisiert. So ermöglichen heute digitale Systeme sowie moderne Fahrzeuge und Geräte eine effizientere, sicherere und teilweise leichtere Arbeitsweise.

Welche technischen Neuerungen werden die Arbeit zukünftig erleichtern und effizienter machen? 

Apfelstädt: Vor allem digitale Technologien, Automatisierung und künstliche Intelligenz werden die Arbeit im Straßenbetriebsdienst verändern. Intelligente Assistenzsysteme, autonome Fahrzeuge und Geräte werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Routineaufgaben erheblich unterstützen und die Arbeitssicherheit weiter erhöhen. Ein weiterer entscheidender Faktor wird die Verfügbarkeit von Daten und deren zielführende Verarbeitung sein, um betriebliche Prozesse besser steuern und transparenter gestalten zu können. Dies wird zu einer noch effizienteren Leistungserbringung und einer insgesamt höheren Servicequalität im Autobahnbetriebsdienst führen.

Was sind die größten Herausforderungen beim Winterdienst?

Apfelstädt: Die größte Herausforderung im Winterdienst stellt die bedarfsgerechte Sicherstellung der Verfügbarkeit von Personal, Fahrzeugen und Material bei einer zunehmend teils extremen Wettervariabilität dar. Präzise Wettervorhersagen, motivierte Kolleginnen und Kollegen, effektive Räum- und Streupläne und natürlich zuverlässige Fahrzeuge sind die elementare Grundlage zur Bewältigung unserer Aufgaben.

Welche Erfahrungen wurden mit der seit November im Einsatz befindlichen vollelektrisch angetriebenen Sattelzugmaschine gemacht?

Apfelstädt: Mit dem Einsatz dieses vollelektrischen Lkws im Winterdienst setzen wir ein klares Zeichen für eine klimafreundliche Zukunft im Straßenbetrieb. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Prozesse und unseren Fuhrpark umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten. Die Glatteisprävention durch das Sprühen von Sole ist eine effektive Methode, um Straßen bei winterlichen Bedingungen sicherer zu machen. Die Verwendung von Sole im Präventiveinsatz ist dabei umweltschonender und effizienter als das Streuen mit Feuchtsalz, da insgesamt weniger Salz benötigt wird. Ein weiterer wesentlicher Vorteil des neuen Sattelzuges ist die große Menge an Sole, die der Sattelauflieger transportieren kann. Dadurch kann der Lkw den Bedarf von zwei herkömmlichen Streutouren abdecken, wodurch vor allem Präventiveinsätze des Winterdienstes effizienter organisiert werden können. Die vollelektrische Sattelzugmaschine reduziert nicht nur die CO₂-Emissionen und minimiert die Lärmbelastung, sondern erfüllt zugleich die hohen Anforderungen, die an alle Fahrzeuge im Winterdienst gestellt werden. 

Seit kurzem ist auch ein vollelektrischer Dreiachser mit Schneepflug im Einsatz. Wie schlägt sich dieses Fahrzeug im Winterdienstalltag?

Apfelstädt: Die Herausforderungen bei der Elektrifizierung eines Räum- und Streufahrzeuges sind ungleich höher als jene der vollelektrischen Sattelzugmaschine. Vor allem der Räumeinsatz erfordert eine entsprechend hohe Leistungsfähigkeit – insbesondere bei langanhaltenden Wetterlagen, muss das Fahrzeug dauerhaft und zuverlässig einzusetzen sein. Hier stoßen vollelektrische Winterdienstfahrzeuge derzeit noch an Grenzen, insbesondere was die Reichweite und notwendige Ladedauer betrifft, aber auch durch die in Teilen noch vergleichsweise reduzierte Menge der mitführbaren Streustoffe. Dennoch sammeln wir wertvolle Erkenntnisse, die unser Kompetenzzentrum Technik Straßenbetriebsdienst entsprechend aufbereitet.

Werden die vollelektrisch betriebenen Großfahrzeuge bald in allen Autobahnmeistereien im Einsatz sein?

Apfelstädt: Der Einsatz vollelektrischer Fahrzeuge in den Autobahnmeistereien ist für die Autobahn GmbH ein wichtiger Schritt, um unseren Beitrag zur Reduktion von Emissionen zu leisten und die Nachhaltigkeit im Betriebsdienst zu fördern. Unser langfristiges Ziel ist der flächendeckende Einsatz von vollelektrischen Großfahrzeugen. Dazu müssen wir die notwendige Ladeinfrastruktur schaffen und sind auf technologische Fortschritte bei den Herstellern angewiesen. Aktuell führen wir deshalb gezielte Tests und Erprobungen durch, um die Alltagstauglichkeit der am Markt verfügbaren Fahrzeuge und Geräte unter verschiedenen Bedingungen zu prüfen. Die Ergebnisse dieser Pilotprojekte werden zeigen, wie schnell und in welchem Umfang die Elektrifizierung der „Fahrzeugflotte in Orange“ umgesetzt werden kann.


Steckbrief: 

Name: Dr.-Ing. Andy Apfelstädt

Alter: 46 Jahre

Berufsbezeichnung: Abteilungsleiter Betrieb

Ausbildung: Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Verkehrswesen; M.A. Betriebswirtschaft; Dr.-Ing. Bauingenieurwesen